Spanisch ist Spanisch ist Spanisch?

In Spanien so, in Mexiko ganz anders

Immer wenn wir eine Übersetzungsanfrage erhalten, fragen wir auch nach dem Zielland. Warum? In Spanien spricht man Spanisch, in Mexiko ebenso, oder? Nicht ganz! Das ist eine Erfahrung, die auch unsere Gastautorin, Berdien, Autorin von www.bejewly.de, machen konnte. Wir freuen uns sehr über Ihren persönlichen Erfahrungsbericht. Tauchen Sie ein in die Vielfalt der spanischen Sprache! 


Spanisch ist nicht gleich Spanisch!

Das ist eine der ersten Erfahrungen, die ich in Mexiko machen musste. Verzweifelt durchsuchte ich so manches Mal meine Wörterbücher nach bestimmten Wörtern und wurde einfach nicht verstanden. Woran liegt das? Man spricht hier doch Spanisch. Mittlerweile weiß ich, dass dem nicht so ist. Einiges, was ich in Deutschland im Spanischunterricht lernte, ist in Mexiko nicht gültig.

Eine mexikanische Redensart sagt: Was uns am meisten von den Spaniern unterscheidet, ist unsere gemeinsame Sprache.“

Hauptsächlich das Vokabular

Vieles wird verständlicher, wenn man weiß, dass Mexiko ein Einwanderungsland ist. Verschiedene kulturelle und sprachliche Einflüsse treffen hier aufeinander: Angefangen bei den indigenen Urkulturen bis hin zum omnipräsenten Nachbarn USA. Im Gegensatz zum spanischen Spanisch (Castellano) findet man im mexikanischen Spanisch daher zahlreiche Amerikanismen: Der Buchstabe „W“ wird hier als „doble U“ buchstabiert, also wie das englische „double U“. In Spanien sagt man aber: „Uve doble“ (was uns schon wegen unseres Nachnamens, der mit W beginnt, kleinere Probleme bereitet hat. Man verstand uns beim Buchstabieren einfach nicht.)

Spanisch Manche Worte werden einfach aus dem Amerikanischen übernommen. So wird zum Beispiel der spanische „armario“ (Schrank) zum „closet“, der „hojalatero“ (Klempner) zum „plomero“, „alquilar“ (mieten) ist „rentar“ und der spanische „ordenator“ (Computer) heißt hier tatsächlich „computadora“. Daneben gibt es viele eigene mexikanische Wörter, die man in Spanien nicht verwendet:

chamarra – Jacke, Spanien: jaqueta

pinche – verdammte/r, Spanien: maldito

aguas – Achtung, Spanien: cuidado

cuate – Kumpel, Spanien: tio

¡Hijole! – Oh mein Gott, Spanien: ¡Dios mio!

¿Mande? – wie bitte?, Spanien: ¿Cómo?

recamara – Schlafzimmer, Spanien: dormitorio

Versnobt oder Erdbeere – false friends auf Spanisch

Einige spanische Wörter haben im Mexikanischen noch eine andere Bedeutung. So wird das Wort „fresa“ (Erdbeere) verwendet, um jemanden als versnobt zu bezeichnen; „ cruda“ (roh, ungekocht) ist der Alkoholkater, der auf Spanisch „resaca“ heißt. Weitere Beispiele sind:

chamba – die Arbeit, in Spanien: Zufallstreffer

sale – okay!, in Spanien: er/sie/es verlässt

timbre – Briefmarke, in Spanien: Klingel, Siegel

Eines der berühmtesten Fettnäpfchen des mexikanischen Spanisch ist sicherlich das Wort coger. Während man in Spanien damit etwas fängt oder (er)greift, ist es in Mexiko ein sehr vulgäres Verb für den Liebesakt. Der unterschiedliche Gebrauch von „coger“ wird noch mit einem Schmunzeln verstanden. Man kommt aber in Alltagssituationen tatsächlich oft an sprachliche Grenzen. Gerade beim Lebensmitteleinkauf, wenn man z.B. nach „albaricoque“ fragt und mit großen Augen angeschaut wird, weil man eigentlich „chabacano“ (Aprikose) sucht. Oder man mit „tomates“ grüne statt roter „jitomates“ gereicht bekommt.

Überraschend bei der mexikanischen Verehrung der Mutter ist die Belegung der Worte madre und padre: Das spanische Wort madre (Mutter) ist in Mexiko eher negativ konnotiert. Man sagt zum Beispiel: „me vale madre“, wenn einem etwas sch… egal ist. Ganz anders ist das beim Wort padre (Vater). So freuen sich Mexikaner mit einem „¡Qué padre!“, wenn ihnen etwas sehr gut gefällt.

Von der Mutter wird hier daher eher als Mamá, Mami oder Ma gesprochen, der Vater ist Papá, Papi oder Pa.

Verniedlichung und Wortspiele

Die Mexikaner lieben es, alles zu verniedlichen. Da wird aus der Princessa die Princessita, aus ahora (gleich, jetzt) das ahorita. Der Kaffee wird zum Cafesito, der Tequlia zum Tequilita. Jedes Wort, das sich anbietet, wird verniedlicht, was mir persönlich sehr gut gefällt.

Dahinter steht vielleicht auch eine allgemeine Lust am Spielen mit Wörtern. Dies stellt Sprachanfänger wie mich, aber auch Fortgeschrittene wie meinen Mann, regelmäßig vor Herausforderungen. Gerade Zeitungsüberschriften erschließen sich oftmals erst auf den zweiten Blick, wenn überhaupt.

Die Königsdisziplin sind die mexikanischen Wortwitze „albures“, die regelmäßig einen sexuellen Anstrich haben. Ein unbedarft ausgesprochenes Wort wird gerne aufgegriffen und ehe man es merkt, steht man im Mittelpunkt eines derben Spaßes. Je nachdem, wie gut man mexikanisches Spanisch beherrscht, versteht man ihn… oder eben auch nicht.

Grammatik

Wie der überwiegende Teil der spanischsprachigen Welt, verwenden auch die Mexikaner die zweite Person Plural nicht. Im Plural wird nicht zwischen der unförmlichen Anrede „ihr“ (span.: „vosotros“) und der förmlichen Anrede „Sie“ (span.: „ustedes“) unterschieden. Stattdessen spricht man Gruppen einfach immer mit der förmlichen Anrede „ustedes“. Kurz gesagt: Statt 6 Verbdeklinationen gibt es nur 5… also eine weniger zu lernen!

Ich könnte jetzt auch noch weiter ausholen und versuchen zu erklären, dass die Mexikaner eine spanische Vergangenheitsform („indefinido“) häufiger verwenden, als es streng nach spanischer Grammatik der Fall sein sollte. Aber das würde zu weit führen.

Vielleicht zum Schluss einfach das: Die Besonderheiten des Mexikanischen fallen dem auf, der spanisches Spanisch (Castellano) gelernt hat. Der Sprachanfänger spart sich hier eine Verbdeklination und bekommt Hilfe von Amerikanismen. Am schönsten ist aber die klare Aussprache in Mexiko, die man von Anfang an gut versteht (im Gegensatz zu manch anderen spanischsprachigen Ländern).

Wenn auch Spanisch nicht gleich Spanisch ist, bleibt es am Ende eben doch Spanisch. Und wenn man mal wirklich nicht mehr weiter kommt, rettet einen oft das freundliche Wesen der Mexikaner.

 

Unsere Gastautorin: 

Spanisch ist nicht Spanisch. Hallo! Mein Name ist Berdien, ich bin 32, gebürtige Bayerin aber Berlinverliebte. Ich schreibe auf www.bejewly.de über unser bewegtes Leben mit unseren drei Töchtern (1, 4 und 5). Mein Mann ist Diplomat und seit Mai diesen Jahres leben wir in Mexiko Stadt. Wir sind immer noch dabei, uns in dieser großen Stadt – mit ihren zahlreichen Ecken und Kanten, aber auch ihrer großen Liebenswürdigkeit – zurecht zu finden. Deswegen hat es mir viel Spaß gemacht, diesen Artikel für euch zu schreiben!

 

 

 


 

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(Bilder: privat, pixabay)

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